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Stellungnahme Zur Umsetzung des Betäubungsmittelgesetzes (BTMG)

Ein Jahr nach der BtMG-Novellierung – Umsetzung durch Ärztliche Leitungen Rettungsdienst nun dringend erforderlich!

Am 23. Juli 2023 traten Veränderungen im Betäubungsmittelgesetz (BtMG), der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) und dem Notfallsanitätergesetz (NotSanG) in Kraft, die es seitdem rechtssicher ermöglichen, dass Notfallsanitäter (NotSan) Betäubungsmittel der Anlage III des BtMG, sogenannte Betäubungsmittel (BtM), verabreichen dürfen. Damit wurde der jahrelangen Diskussion und Forderung Rechnung getragen, für Notfallpatienten die zeitnahe Schmerzlinderung mit stark wirksamen und breit in der Medizin etablierten Medikamenten wie beispielsweise Morphin, Fentanyl oder Sufentanil durch NotSan zu realisieren.

In der Gesetzesbegründung (Deutscher Bundestag Drucksache 20/7397) wird ausgeführt: „Die Verantwortung für die Entscheidung über die Gabe von Betäubungsmitteln bleibt auf diese Weise ärztlich verantwortet, zugleich erhalten Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter die notwendigen Handlungsspielräume, um eine optimale medikamentöse Versorgung der Patientinnen und Patienten in Notfallsituationen ohne Zeitverzug sicherzustellen.“

Mit dieser gesetzlichen Veränderung verbunden ist der Auftrag an die Ärztlichen Leitungen Rettungsdienst, schriftlich zu definieren (zum Beispiel in Algorithmen), wann und wie diese Betäubungsmittel verabreicht werden sollen.

Da Betäubungsmittel bereits vor der Gesetzesänderung im Pyramidenprozess genannt und somit Bestandteil der Berufsausbildung sind, begrüßen wir explizit die umgehend erfolgten Anpassungen in verschiedenen Rettungsdienstbereichen, in denen Betäubungsmittel der Anlage III des BtMG in der Notfallrettung durch NotSan eingesetzt werden können. In diesen leider nur wenigen Rettungsdienstbereichen tragen diese Umsetzungen dazu bei, dass Patienten durch eigenständiges Handeln der NotSan patientenorientiert, patientensicher und leitliniengerecht auch unter Verwendung von Betäubungsmitteln versorgt werden können.

Der DBRD ruft dazu auf, dass nun endlich alle Rettungsdienstbereiche die Betäubungsmittelgabe durch NotSan ermöglichen.

Mit Erstaunen und Besorgnis beobachtet der DBRD aktuell den Trend, statt die etablierten und nun rechtssicher einsetzbaren Schmerzmittel (Betäubungsmittel nach BtMG) einzuführen, nun Nalbuphin zu nutzen. Es kann hier der Eindruck entstehen, dass so bewusst die geschaffenen Möglichkeiten der BtM-Verwendung vermieden werden sollen. Dies ist für Notfallpatienten nachteilig, da Nalbuphin nach unserem Dafürhalten etablierte und auch im Notarztdienst breit verwendete Medikamente wie Morphin oder Fentanyl nicht ersetzen kann. Die Einführung von Nalbuphin darf unserer Ansicht nach die Einführung etablierter, sicherer und breit verwendeter Medikamente aus dem Bereich der BtM nicht verzögern.

Nalbuphin ist ein insgesamt kaum verwendetes Schmerzmedikament, das zwar aufgrund seiner Pharmakodynamik kaum Atemdepressionen auslöst, zu seinen Nachteilen zählen aber ein nicht steigerbares Wirkmaximum, eine Antagonisierung von bereits verabreichten Opioiden und eine erschwerte Fortführung opioidbasierter Analgesien. Die Antagonisierung von bereits verabreichten Opioiden kann insbesondere zwei Patientengruppen betreffen: Zum einen sind Patienten mit chronischen Leiden und Opioiden in der Dauermedikation, zum anderen Patienten mit chronischem Opiatabusus betroffen. In beiden Fällen ist den Patienten mit einer Nalbuphingabe nicht geholfen. Des Weiteren besitzt Nalbuphin nicht die mitunter notwendige Potenz vergleichbarer Opioide wie beispielsweise Morphin. Nalbuphin ist in der notärztlichen prähospitalen Therapie ebenso unüblich wie auch im innerklinischen Bereich der Notfallaufnahmen. Vielmehr werden dort genau die wirksamen Betäubungsmittel eingesetzt, die durch die Änderungen des BtMG und mitgeltender Verordnungen explizit auch NotSan als potente Medikamente zur Verfügung gestellt werden können und sollten.

Der DBRD ermutigt die Ärztlichen Leitungen Rettungsdienst daher ausdrücklich, Betäubungsmittel wie beispielsweise Morphin, Fentanyl oder Sufentanil einzuführen, um in den Worten des Gesetzgebers eine „optimale medikamentöse Versorgung der Patientinnen und Patienten in Notfallsituationen ohne Zeitverzug sicherzustellen“ (Deutscher Bundestag Drucksache 20/7397). Dies ist durch Medikamente wie Nalbuphin nicht erreichbar. Die Möglichkeiten zur Einführung sind geschaffen, und die Umsetzung muss jetzt schnellstmöglich erfolgen.

Erneut sprechen wir uns klar für eine Überarbeitung der Funktion der Ärztlichen Leitung Rettungsdienst aus. Sinnvoll ist die Schaffung von Gremien aus Notfallsanitätern, Schulen und auch kompetenten, fachberatenden Ärzten als Team „Medizinische Versorgung“ als konstruktive Weiterentwicklung. Dort können Rahmenempfehlungen zu den eigenständigen Maßnahmen nach § 13 Absatz 1b BtMG erstellt werden. Alle Empfehlungen müssen sich dabei am aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie mindestens am Pyramidenprozess orientieren. Der Notfallpatient mit seinem Versorgungsbedarf ist dabei in den Mittelpunkt zu stellen. Der DBRD wird diesen Weg jederzeit konstruktiv begleiten.


Anmerkung: Um die Lesbarkeit der Informationen zu erleichtern, wird bei Personenbezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Es sind jedoch jeweils Personen aller Geschlechter gemeint.
Der DBRD ist die berufsständische Vertretung des deutschen Rettungsfachpersonals. Wir treten ein für die Verbesserung der präklinischen Versorgung aller dem Rettungsdienst anvertrauten Patienten nach derzeit geltendem wissenschaftlichen Stand und den jeweils aktuellen Leitlinien der Fachgesellschaften, die Verbesserung und Vereinheitlichung der Aus- und Fortbildung des Rettungsfachpersonals, die Etablierung und Unterstützung von geeigneten zertifizierten Kurssystemen, die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und der Außendarstellung des Rettungsdienstes, die Unterstützung und Durchführung von Forschungsprojekten zu notfallmedizinischen und rettungsdienstlichen Fragestellungen sowie die Verbesserung der Schnittstellenproblematiken zwischen Kliniken, Feuerwehr, Polizei, Arztpraxen und Notdiensten.

Lübeck, 06.09.2024
Für den Vorstand, Beirat und Ärztlichen Beirat
Frank Flake
2. Vorsitzender

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Stellungnahme (180 kb)

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